EU-Kommission entwickelt Phantasie

In Krisenzeiten sollte Solidarität unter Partnern selbstverständlich sein. Leider zeigt der kleinkarierte Streit in der EU über „Corona-Bonds“ nicht gerade von dieser Haltung. Statt die EU durch konsequente Solidarität zu stärken, werden alte Gräben zwischen „Nord“ und „Süd“ wieder aufgerissen.

Umso mehr freut mich ein Vorschlag, den die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Haushaltskommissar Johannes Hahn ausgetüftelt haben. Die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber (hier zum Bericht) und erklärt das Vorhaben in etwa so:

Im Rahmen des neuen siebenjährigen Finanzrahmens der EU sollen die Mitgliedstaaten der Kommission die Aufnahme von Hunderten Milliarden Euro an Darlehen erlauben.
Dieses Geld könnte die Brüsseler Behörde dann zum Beispiel als Bürgschaften verwenden, damit Staaten zu günstigen Zinsen Kredite erhalten. Das wäre vor allem wichtig für hoch verschuldete Länder wie Italien und Spanien, die ansonsten saftige Zinsen zahlen müssten, wenn sie sich für Konjunkturspritzen Darlehen besorgen. Für diese Schulden haftet die Behörde mit ihrem Haushalt, also letztlich den Beitragszahlungen der Mitgliedstaaten
.

Damit findet die bei der deutschen Regierung (und anderen Nord-Staaten) so verhasste „Vergemeinschaftung der Schulden“ nicht statt, weil ja nicht Deutschland für italienische, spanische oder griechische Schulden haftet, sondern die europäische Kommission. Und die Länder, die Hilfe in der Krise so dringend brauchen, können Kredite zu günstigen Konditionen aufnehmen, weil die EU-Kommision und damit die geballte Finanzkraft der EU dahintersteht.

Das ist pfiffig! Jeder hat sein Gesicht gewahrt und kann als Sieger vom Platz gehen. Den angeschlagenen Ländern wird geholfen und letztlich hilft das ja auch wieder den Starken, weil die EU längst eine Schicksalsgemeinschaft ist.

Noch schöner wäre es natürlich, es würde keine solchen Tricks brauchen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Aber in der gegebenen Blockadesituation scheint mir das ein gangbarer Ausweg. Von der Leyen hat auf jeden Fall gezeigt, dass sie das „Game of Europe“ inzwischen beherrscht. Chapeau!

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