Salmengespräch zum Thema Europa

Am Montag, den 12. September 2022, gibt es im Salmen das diesjährige
„Salmengespräch“
Das Thema ist Europa.

Inhaltlich geht es über die aktuelle Situation in Europa, auch mit Bezug auf den russischen Überfall auf die Ukraine. Über das Woher und Wohin von Europa und über einen gemeinsamen Europäischen Wertekatalog.
Die Einladung mit den Details findet ihr im aktuellen Salmen-Magazin #8 und auch hier.

LGBTIQ Freedom Zone


To mark the 2-year anniversary of the first Polish resolution against “LGBTI ideology”, or so-called “LGBTI-free zone” in Świdnik County, the European Parliament’s LGBTI Intergroup initiated a debate and vote in the European Parliament on a resolution, which declares the EU to be instead an “LGBTIQ freedom zone”

Wir sind stolze Bürgerinnen und Bürger der europäischen #LGBTIQFreedomZone

EU Haushaltsstreit – Coronahilfen oder Rechtstaatlichkeit

Fast unbemerkt im Schatten der medialen Aufmerksamkeit zu Corona findet innerhalb der EU ein Streit über den Haushalt und die Coronahilfen auf der einen Seite und das Rechtstaatlichkeitsprinzip auf der anderen Seite statt.

Der Haushalt und die Coronahilfen sind dabei weitgehend akzeptiert und werden von vielen Staaten dringend benötigt. Aber ein entsprechender Beschluss wird von Ungarn und Polen blockiert, weil sie mit der Blockadehaltung die anderen Staaten zwingen wollen, auf die erst vor kurzem beschlossenen Sanktionen bei Verletzungen der Rechtstaatlichkeit zu verzichten.

Ich möchte hierzu auf 2 Kommentare in der Zeit und Süddeutschen Zeitung aufmerksam machen, die durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten.

Alan Posener in der Zeit meint:
Jetzt bloß keinen Euroimperialismus gegenüber Polen und Ungarn
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/eu-hausthaltskrise-polen-ungarn-corona-hilfen-deutsche-ratspraesidentschaft

Björn Finke fordert in der Süddeutschen:
Erpressern darf man nicht nachgeben
https://www.sueddeutsche.de/politik/kommentar-eu-haushalt-blockade-ungarn-1.5117121

Wir machen Hausparlamente!

Am Samstag, den 19. September 2020, startete Pulse Of Europe die dritte Runde der „Hausparlamente„. Das Thema dieser Runde ist die „Zukunft Europäischer Solidarität“.
Die Hausparlamente werden zusammen mit Democracy International und openPetition veranstaltet und geben Bürgern und Bürgerinnen die Möglichkeit, zu besonders wichtigen Fragestellungen direkt am parlamentarischen Meinungsbildungsprozess mitzuwirken. Siehe auch die Pressemitteilung zum Start der Hausparlamente und das Grußwort von Ursula von der Leyen.

Wir laden alle Interessierten ein zu einer zentralen
Hausparlamentssitzung am Freitag, den 16. Oktober,
um 19:00 Uhr im Freigeist.

Siehe auch die Einladung und die Details der Anmeldung

Europatag: Lesung der Rede Schumans in Baden-Baden

Am Europatag, 9. Mai um 18 Uhr, zu historischer Stunde, wird die Rede Schumans vom Balkon des Theaters Baden-Baden verlesen werden. Vorweg spielen MusikerInnen der Philharmonie Baden-Baden die „Ode an die Freude“.

Die Rede Schumans war das Gründungssignal der Europäischen Gemeinschaft. Wir gratulieren den Freunden in Baden-Baden zu dieser großartigen Aktion!

Hier gehts zum Aufruf aus Baden-Baden:
70 Jahre Schuman-Erklärung

EU-Kommission entwickelt Phantasie

In Krisenzeiten sollte Solidarität unter Partnern selbstverständlich sein. Leider zeigt der kleinkarierte Streit in der EU über „Corona-Bonds“ nicht gerade von dieser Haltung. Statt die EU durch konsequente Solidarität zu stärken, werden alte Gräben zwischen „Nord“ und „Süd“ wieder aufgerissen.

Umso mehr freut mich ein Vorschlag, den die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Haushaltskommissar Johannes Hahn ausgetüftelt haben. Die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber (hier zum Bericht) und erklärt das Vorhaben in etwa so:

Im Rahmen des neuen siebenjährigen Finanzrahmens der EU sollen die Mitgliedstaaten der Kommission die Aufnahme von Hunderten Milliarden Euro an Darlehen erlauben.
Dieses Geld könnte die Brüsseler Behörde dann zum Beispiel als Bürgschaften verwenden, damit Staaten zu günstigen Zinsen Kredite erhalten. Das wäre vor allem wichtig für hoch verschuldete Länder wie Italien und Spanien, die ansonsten saftige Zinsen zahlen müssten, wenn sie sich für Konjunkturspritzen Darlehen besorgen. Für diese Schulden haftet die Behörde mit ihrem Haushalt, also letztlich den Beitragszahlungen der Mitgliedstaaten
.

Damit findet die bei der deutschen Regierung (und anderen Nord-Staaten) so verhasste „Vergemeinschaftung der Schulden“ nicht statt, weil ja nicht Deutschland für italienische, spanische oder griechische Schulden haftet, sondern die europäische Kommission. Und die Länder, die Hilfe in der Krise so dringend brauchen, können Kredite zu günstigen Konditionen aufnehmen, weil die EU-Kommision und damit die geballte Finanzkraft der EU dahintersteht.

Das ist pfiffig! Jeder hat sein Gesicht gewahrt und kann als Sieger vom Platz gehen. Den angeschlagenen Ländern wird geholfen und letztlich hilft das ja auch wieder den Starken, weil die EU längst eine Schicksalsgemeinschaft ist.

Noch schöner wäre es natürlich, es würde keine solchen Tricks brauchen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Aber in der gegebenen Blockadesituation scheint mir das ein gangbarer Ausweg. Von der Leyen hat auf jeden Fall gezeigt, dass sie das „Game of Europe“ inzwischen beherrscht. Chapeau!

Europas neuer „Green Deal“

Dieser Kommentar bezieht sich auf den Abschnitt zum „European Green Deal“ in der Rede der Kommissionspräsidentin von der Leyen bei der Amtseinführung der Europäischen Kommission.
Quelle: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_19_6408
Eine Kopie könnt ihr auch hier herunterladen.

Alle Zitate sind aus diesem Dokument.

Die EU wird sich nach dem Willen der neuen Kommission als eine der zentralen Aufgaben um den Klimaschutz kümmern und will hier eine Vorreiterrolle in der Welt einnehmen. In den Worten der Kommissionspräsidentin von der Leyen (vdL):
If there is one area where the world needs our leadership, it is on protecting our climate. This is an existential issue for Europe – and for the world.

Dies ist erst einmal eine erfreuliche Erkenntnis und begrüßenswerte Absicht, auch wenn man anmerken könnte, dass diese Aussage 47 Jahre nach Erscheinen von „Die Grenzen des Wachstums“ reichlich spät kommt. Aber sei’s drum, besser spät als nie, Hauptsache jetzt wird endlich gehandelt.

Dass vdL in dieser ersten Vorstellung ihrer Ziele noch keine konkreten Maßnahmen benennt, ist sicher verzeihlich. Es ist richtig erst einmal die grundsätzliche Richtung vorgeben und dann die konkreten Schritte überlegen und einleiten.

Was mich allerdings beunruhigt, sind die bei vdL hervorgehobenen Sätze wie diese:
The European Green Deal is a must for the health of our planet and our people – and for our economy.
The European Green Deal is our new growth strategy. It will help us cut emissions while creating jobs.
At the core of it will be an industrial strategy that enables our businesses – big and small – to innovate and to develop new technologies while creating new markets.

Das klingt doch sehr nach bekannter Symbolpolitik, nach dem so beliebten „niemand weh tun“ und „keinen verschrecken“:
Alles soll gut für die Umwelt sein und für die Industrie. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass bei diesem Doppelziel die Industrie meist sehr gut wegkommt, die Umwelt eher weniger.
Und es geht wieder einmal um Wachstum und die Erzeugung von Arbeitsplätzen. Sollte es nicht eher um Begrenzung von Wachstum gehen und um die gerechte Verteilung der vorhandenen Arbeit?

Der Schlüssel des Green Deals wird nach Wunsch von vdL eine Industrie-Strategie sein, die auf Innovation und neuen Technologien beruht und damit neue Märkte erschliesst.
So notwendig Innovation und neue Technologien sicher sind, mit ihnen allein läßt sich der Klimawandel nicht stoppen. E-Mobilität zum Beispiel – das Lieblingsthema von Symbolpolitik und Autoindustrie – ist bei dem derzeitigen Primärenergie-Mix bei der Stromerzeugung von überschaubarem ökologischen Nutzen. Bei den klassichen Verbrennern hätte der große Fortschritt in der Technologie sicher zu weniger CO2-Emmissionen führen können, wären nicht gleichzeitig Zahl, Größe und Gewicht der PKWs angestiegen (Stichwort: SUV). Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

Zugegeben, ich bin einer dieser „Öko-Diktatoren“, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen ebenso befürworten wie deutlich höhere Energiepreise. Aber die Freiheit des Einzelnen endet eben dort, wo essentielle Rechte anderer beeinträchtigt werden. Und gibt es eine größere Beeinträchtigung als die Zerstörung des Lebensumfeldes künftiger Generationen?

Wenn wir Umweltpolitik ernst nehmen, wird es mit „neuen Technologien“ allein nicht getan sein. Dann werden wir unseren Konsum, unsere Mobilität, unsere gesamte Wirtschaftsweise verändern müssen – und, ja, es wird ohne Verbote und Vorschriften nicht gehen.

Das Wesentlichste aber ist, dass ein großer Teil der notwendigen Maßnahmen die wirtschaftlich Schwächeren wesentlich mehr als die Stärkeren treffen wird. Ein „Green Deal“ kann deshalb in einer Demokratie nur durchgesetzt werden, wenn er von einer starken sozialen Komponente begleitet wird. Dabei darf man vor einer Umverteilung von reich zu arm nicht zurückgeschrecken. Umverteilung innerhalb der Staaten, aber auch – für Deutschland das Tabuthema schlechthin – Umverteilung zwischen den europäischen Partnern wird unverzichtbar sein.

Ob die neue Kommission den Mut hat, diese notwendigen Schritte anzustoßen, oder ob es bei althergebrachter, faktisch wirkungsloser Symbolpolitik bleibt, ist abzuwarten. Ich wünsche der Kommision auf jeden Fall all den Mut, den sie brauchen wird!

Es könnte in den nächsten Jahren eine Aufgabe von Pulse of Europe sein, aufmerksam hinzuschauen und eine konsequente Umsetzung der hehren Ziele zu fordern, aber auch mit unseren bescheidenen Mitteln Rückendeckung zu geben, wenn unpopuläre Maßnahmen getroffen werden müssen.

Dann werden wir hoffentlich in ein paar Jahren mit Stolz vdLs Schlusswort zitieren:

Vive l’Europe, es lebe Europa, long live Europe!


Wahl der Präsidentin der Europäischen Kommision

Die überraschende Wahl von Ursula von der Leyen (UvdL) zur Präsidentin der EU Kommission wird auch innerhalb von Pulse of Europe und innerhalb unserer Gruppe kontrovers diskutiert.

Ich möchte deshalb ausdrücklich betonen, dass der folgende Text nur meine persönliche Meinung darstellt. Die offizielle – und natürlich wesentlich ausgewogenere – Stellungnahme des Vorstandes von Pulse of Europe findet ihr mit folgendem Link:
Zur Stellungnahme des Vorstandes von Pulse of Europe

Das Spitzenkandidaten-Prinzip

Im Vorfeld der Wahl wurden von den einzelnen Partei-Gruppierungen sogenannte Spitzenkandidaten ausgewählt. Damit wurde der Eindruck erweckt, der Wähler könne direkt mitentscheiden, wer der neue Präsident der Kommision wird. UvdL war weder Spitzenkandidatin noch auf irgendeiner Wahlliste präsent. Nachdem sich das Parlament nicht gleich einigen konnte, wurde UvdL aus dem Hut gezaubert.

Für die Wähler, die glaubten, über den Kommisionspräsidenten mitentscheiden zu dürfen, ist es eine große Enttäuschung, dass ihre Stimme einfach ignoriert wurde. Dies ist Wasser auf die Mühlen derer, die in den Führungsgremien der EU ein demokratisch nicht legitimiertes Geklüngel vermuten.

Von Befürwortern der Wahl UvdLs wird argumentiert, das das Spitzenkandidatenprinzip in keinem EU-Vertrag vorgesehen ist und nur in einem Teil der EU-Länder dem Wähler präsent war. Zudem seien europaweite Wählerliste eine sehr viel bessere Möglichkeit, eine tranparente Wahl des Kommisionspräsidenten sicher zu stellen.

Das ist alles richtig. Leider gibt es aber keine europäischen Wählerlisten und ob sie jemals kommen werden, ist derzeit nicht zu sagen. Deshalb war das Spitzenkandidaten-Prinzip sicher nicht ideal, aber zumindest ein kleiner pragmatischer Ansatz einer transparenteren Wahl. Dass dieses zarte Blümchen inner-europäischer Demokratie gleich beim zweitenmal wieder zertreten wurde, ist zutiefst bedauerlich.

Außerdem wird argumentiert, der “mündige Bürger” würde sowieso besser die Parteiprogramme berücksichtigen und nicht die Personen. Das ist nur theoretisch richtig. Papier ist geduldig und deshalb enthalten praktisch alle Partei- und Wahl-Programme eine Vielzahl hehrer Ziele. Was jedoch in der praktischen Arbeit davon berücksichtigt wird und mit welcher Intensität es verfolgt wird, hängt von den Personen ab, die gewählt werden. Deshalb handelt der Wähler durchaus vernünftig, wenn er nicht nur wissen will, was er wählt, sondern auch, wen er wählt. In Deutschland hat sich deshalb zurecht der “Kanzlerkandidat” etabliert, obwohl auch diese Rolle in keinem deutschen Wahlrecht vorgesehen ist.

Die Person von der Leyen

Von den Befürwortern von UvdL werden meist drei Argumente angeführt. Erstens sei sie eine Frau, was bei dem Männerüberschuss in den politischen Führungsgremien sehr wünschenwert ist. Zweitens spricht sie drei Sprachen. Und drittens sei sie überzeugte Europäerin.

Die ersten beiden Punkte sind unbestreitbar, Aber genügt es wirklich als Qualifikation zur Kommisionspräsidentin eine Frau zu sein und 3 Sprachen zu sprechen? Dann hätten wir eine große Auswahl an zukünftigen Präsidentinnen. Ich könnte ein paar Mitglieder der Pulse of Europe Gruppe in Offenburg vorschlagen.

Beim dritten Punkt habe ich so meine Zweifel. UvdL ist CDU-Mitglied und die CDU ist im Partei- und Wahlprogramm eindeutig pro-europäisch. Allerdings sind weder die Parteivorsitzende noch die Kanzlerin, deren Regierung UvdL angehört, noch UvdL selbst in den letzten Jahren durch besonderes pro-europäisches Engagement aufgefallen. Ganz im Gegenteil, die Reformvorschläge des französischen Präsidenten zum Beispiel wurden von der Kanzlerin mit monatelangem Schweigen behandelt und von AKK kam gleich zu Amtsantritt eine herbe Abfuhr. Ein europäisches Engagement der CDU und ihrer Regierungsvertreter ist eigentlich nur dann zu beobachten, wenn es gilt, Umweltrichtlinien zu verhindern, die der deutschen Autoindustrie schaden könnten.

Was für UvdL sprechen könnte, ist ihre lange Erfahrung (allerdings nicht in der Europapolitik) und ihre Bereitschaft, auch schwierige Aufgaben zu übernehmen wie das Verteidigungsministerium. Leider muss man konstatieren, dass sie die Aufgaben zwar willig übernommen, aber keineswegs gemeistert hat. Sie hat nie ein positives Verhältnis zur Truppe etablieren können, und die Personal- und Ausrüstungssituation hat sich in ihrer Amtszeit weiter verschlechtert. Zuletzt ist sie auch durch die Beschäftigung seltsamer Consulting-Firmen in massive Kritik geraten.

Auch hier ist es also schwierig, eine besondere Qualifikation für ihr neues Amt zu erkennen. Aber sie wurde ja auch nicht gewählt, weil irgendwer sie für besonders qualifiziert hielt. Sie wurde gewählt, weil – wieder einmal – ein Minimal-Konsens gebraucht wurde, bei dem keiner der Regierungschefs sein Gesicht verloren hätte. Die wesentlich qualifizierteren Spitzenkandidaten Timmermans und Verstager (übrigens Frau und vielsprachig) wurden ja durch ein “Veto” der Rechtspopulisten verhindert, da beide in ihrem überzeugten und überzeugendem Eintreten für demokratische Werte diesen Herren bereits auf die Füße getreten hatten.

Dass der EU-Rat und das Parlamant vor diesem Veto eingeknickt sind, ist die eigentliche katastrophale Botschaft dieser Wahl von UvdL. Denn jetzt ist klar: Keine(r) kann eine Spitzenposition in der EU erwarten, wenn sie oder er im Vorfeld bereits für europäische Werte eintritt.

Sicher, durch die Wahl UvdL wurde ein schmerzhafter Streit und eine längere Hängepartie vermieden. Aber wenn es um europäische Werte geht, hätte man vielleicht auch mal den Konflikt suchen und aushalten können.