Der Europäische Rat hat einen Kompromiss in Bezug auf die Spitzenämter der europäischen Institutionen gefunden. Die Tatsache als solche begrüßen wir, weil der Europäische Rat in dieser wichtigen Frage Handlungsfähigkeit bewiesen hat. Es wurde eine längere Hängepartie vermieden, die die EU hätte schwer beschädigen können.
Allerdings hat die Art der Festlegung des europäischen Spitzenpersonals im Rat etliche Wählerinnen und Wähler vor allem in Deutschland sehr enttäuscht. In denjenigen Ländern, in denen der Wahlkampf mit dem Spitzenkandidatenmodell geführt wurde, wurde der Eindruck erweckt, dass einer der Spitzenkandidaten automatisch Kommissionspräsident wird (vgl. Wahlplakate „Weber / Timmermans wählen“). Was ursprünglich als Stärkung des Europaparlaments und der europäischen Demokratie gedacht war, gefährdet die Akzeptanz der Union insgesamt, wenn Vertreter von Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat sich daran nicht gebunden fühlen.
Wenn keine konkretere Regelung im EU-Vertrag möglich ist, müssen gerade in Zeiten, in denen die Mehrheitsverhältnisse komplexer geworden sind, andere Wege gefunden werden, die nächsten europäischen Wahlen transparenter zu machen. Die Einführung transnationaler Wahllisten wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Auf diese Weise würde der Wahlkampf europäischer ausgelegt; die Wahlen zum Europaparlament hätten eine vertiefte europäische Dimension, die erforderlich ist. Europäisches Denken ist angesagt, um der Europäischen Union den nötigen Rückhalt zu geben, den sie für die Verwirklichung ihrer wichtigen Aufgaben braucht.